Automatische Detektion von Änderungen in der realtaktischen Aufstellung

Die realtaktische Aufstellung (RTA) ist eine Analysemöglichkeit, die zur Verdeutlichung des realen taktischen Geschehens auf dem Platz herangezogen werden kann. Im Gegensatz zur vom Trainer vorgegebenen taktischen Grundformation (siehe Abbildung 1, links), spiegelt die RTA (rechts) die tatsächlichen Aufenthaltsorte der Spieler wieder. Zur Bestimmung der RTA werden für die Spieler repräsentative Positionen ermittelt, die die tatsächlichen Aufenthalte über ein Zeitintervall, z.B. eine Halbzeit oder ein Spiel, widerspiegeln. Im Regelfall werden dazu sämtliche Spielerpositionen in dem entsprechenden Zeitraum gemittelt. Die RTA setzt sich damit aus den mittleren Spielerpositionen zusammen.

Abbildung 1: Der Vergleich einer idealen taktischen Grundformation (links) mit der realtaktischen Aufstellung (rechts). Letztere beschreibt tatsächlichen Positionen der Spieler auf dem Spielfeld. 

In einem Spiel kann es jedoch aus unterschiedlichen Gründen zu temporären Änderungen in der Aufstellung eines Teams, z.B. bedingt durch den Positionswechsel zweier Spieler für einige Minuten, kommen. Dieses führt jedoch bei einer Spielanalyse zu einem Problem, wenn die RTA allein auf Grundlage einer Mittelwertbildung der Spielerpositionen basiert. In dem in Abbildung 2 dargestellten (vielleicht etwas überzeichneten) Szenario spielt der rot hervorgehobene Spieler in der ersten Hälfte einer Halbzeit auf der Position eines Innenverteidigers. In der zweiten Hälfte wird er zum zweiten Angreifer. Wird auf dieser Grundlage eine gemittelte Aufstellung berechnet, führt dies dazu, dass dieser Spieler vermeintlich über die gesamte Spielzeit als zentraler Mittelfeldspieler aktiv war. Dies entspricht hier jedoch nicht der Realität, da er zu keiner Zeit diese Position bekleidet hat.

Abbildung 2: Temporäre Änderungen in der Aufstellung eines Teams kann bei einer RTA-gestützten Spielanalyse zu Problemen führen. 

Eine Lösung für dieses Problem wäre, jeweils eine neue RTA für die Zeitintervalle zwischen den angesprochenen Änderungen zu erstellen und diese im Nachhinein getrennt von einander zu analysieren. Ein Problem hierbei ist jedoch, dass die Start- und Endzeitpunkte (Intervallgrenzen) der Änderungen i.d.R. nicht bekannt sind bzw. durch eine vorhergehende Analyse der Spieleraufenthaltsorte ermittelt werden müssten. Ein Lösungsansatz, der eine automatische Bestimmung der Intervallgrenzen für jeden Spieler individuell in die Berechnung einer RTA integriert, besteht aus der Verwendung von Methoden des unüberwachten Maschinellen Lernens. Bei dieser Herangehensweise wird ein Clustering-Verfahren auf die Trajektorie eines jeden Spielers angewendet. Auf diese Weise werden die unterschiedlichen Hotspots, also die Orte auf dem Feld, an denen sich der Spieler häufig aufgehalten hat, identifiziert. Darauffolgend werden diese Hotspots, sofern sie eine signifikante Aufenthaltsdauer aufweisen, zeitlich geordnet. Die resultierende Sequenz an Hotspots kann ebenso wie eine RTA visualisiert werden, indem die einzelnen mittleren Positionen der Spieler durch deren Hotspot-Sequenzen ersetzt werden. Die auf diese Weise entstandene Graphik (siehe Abbildung 3) zeigt nun auch die Rolle des Spielers über den Verlauf der Zeit bzw. des Spiels. Die Ermittlung einer Position, die ein Spieler in der Realität niemals bekleidet hat, wird so umgangen. 

Abbildung 3: Der automatisch generierte Verlauf verschiedener realtaktischer Aufstellungen zeigt temporären Änderungen in der Aufstellung auf. Der Sequenz der Spieler-Hotspots wird durch die mit Pfeilen verbundenen Marker visualisiert.